Einstmals luxemburgische Exklave

Von RUDOLF MOLTER

KANZEM. Die Luftaufnahme von 1936 zeigt das Dorf am linken Ufer der unteren Saar, dessen Struktur wesentlich vom Weinbau geprägt ist.

www.volksfreund.de vom 06.09.2006

Die in alter Zeit betriebene Saarfähre wurde nach dem Bau der Flussbrücke 1929 stillgelegt. Über diese Brücke konnten die Winzer die rechts der Saar gelegene Steillage „Altenberg“ erschließen, die bis heute einen guten Ruf genießt (links im Bild). Im Hintergrund, jenseits des Saarbogens, erkennt man die Auffahrt zur Wiltinger Kupp, mit den zu Wiltingen gehörenden Weinbergen und die Höhe von Kommlingen.

Kanzem wird 1030 in einer Urkunde der Trierer Abtei St. Marien als Filialort der Mutterkirche Wiltingen erstmals erwähnt. Gemeinsam mit Wiltingen bildete der Ort seit dem Mittelalter eine Exklave des Herzogtums Luxemburg im Kurfürstentum Trier. Während Land und Leute luxemburgisch und wie in einer Insel von Trierer Gebiet umgeben waren, blieben der Saarfluss und der Leinpfad an beiden Ufern trierisch.

Die Ortsentwicklung war jahrhundertelang im wesentlichen durch kirchlichen und adligen Grundbesitz – insbesondere an Weinbergen – geprägt. Am Brückenkopf links im Bild ist der im Krieg 1945 untergegangene Gutshof von Marchant (nachfolgend Vereinigte Hospizien) mit weiteren Wirtschaftsgebäuden des Priesterseminars sowie das ebenfalls im Krieg zerstörte Stationsgebäude der 1860 eröffneten Saartalbahn zu erkennen. Auf derselben Saarseite, etwas stromaufwärts und versteckt in einer weitläufigen Parkanlage, liegt das Weingut von Othegraven, das auf ein Gut derer von Metzenhausen und von der Leyen aus dem 17. Jahrhundert zurückgeht. In der Ortslage rechts im Bild setzen zwei Villenanlagen herausragende bauliche Eckpunkte.

Am unteren Bildrand links ist dies das Weingut Le Gallais aus dem 19. Jahrhundert. Oberhalb der Brücke, gegenüber die kleinen Pfarrkirche gelegen, das ehemalige Weingut Rautenstrauch.

Die bescheidene, zu Beginn des 19. Jahrhunderts, als Kanzem zur eigenen Pfarrei erhoben wurde, errichtete Pfarrkirche St. Marien, wurde infolge schwerer Kriegsbeschädigungen 1960 restauriert und um einen massigen Chorturm erweitert. Dort sieht man noch den Dachreiter über dem Portalgiebel.

Mit dem sich anschließenden Pfarrhaus und seinem ummauerten Garten bilden die kirchlichen Gebäude ein harmonisches dörfliches Ensemble.
Das ganz eigene Profil des Ortes Kanzem und die Pflege der alten Bau- und Dorfstrukturen haben der Gemeinde in den vergangenen Jahren zahlreiche Erfolge bei Dorfwettbewerben bis hinauf auf europäische Ebene beschert.

Weitere Informationen über die Geschichte vom Kanzem erhalten Sie in unserer Online-Chronik.